Wettbewerb: Wettbewerbsfunktionen

Wettbewerb: Wettbewerbsfunktionen
Wettbewerb: Wettbewerbsfunktionen
 
In einer Marktwirtschaft werden die Aktivitäten von Produzenten und Konsumenten nicht von einer zentralen Instanz, sondern individuell von den Wirtschaftsteilnehmern geplant. Die Koordinierung dieser Pläne leistet der Wettbewerb. Er ermöglicht, dass sich durch das freie Zusammentreffen von Anbietern und Nachfragern auf Märkten Preise bilden, die eine wichtige Steuerungsfunktion für den Austausch von Waren und Dienstleistungen besitzen. Die Preise zeigen den Anbietern, in welchen Bereichen sie ihre Produktionsfaktoren am effizientesten einsetzen können. Den Nachfragern geben sie Anhaltspunkte, wo sie ihren Bedarf am günstigsten decken können. Durch das Konkurrieren um die Nachfrager hat ein Wettbewerbssystem darüber hinaus eine Tendenz zu Preissenkungen bzw. Qualitätsverbesserungen. Wie von »unsichtbarer Hand« (Adam Smith) soll das am Eigeninteresse orientierte Handeln in gesamtwirtschaftlich erwünschte Bahnen gelenkt werden.
 
 Gesellschaftspolitische und ökonomische Funktionen
 
Die Funktionen, die dem Wettbewerb zugeschrieben werden, lassen sich allgemein in gesellschaftspolitische und ökonomische Funktionen aufteilen. Wettbewerb eröffnet den Marktteilnehmern Handlungs- und Wahlfreiheiten. Dadurch, dass mehrere Unternehmen miteinander konkurrieren, haben die Verbraucher die Wahl zwischen verschiedenen Angeboten und die Arbeitnehmer die Chance zum Wechsel ihres Arbeitsplatzes. Funktionierender Wettbewerb mit einer Vielzahl von Konkurrenten beugt gleichzeitig zu starken gesellschaftlichen und politischen Machtstellungen vor (Kontrollfunktion). Freier Leistungswettbewerb soll eine optimale Marktversorgung sicherstellen. Dies geschieht dadurch, dass Unternehmen, die am Markt bestehen wollen, erstens ein Angebot bereitstellen, das den Konsumentenpräferenzen entspricht (Steuerungsfunktion), zweitens solche Produktionsverfahren anwenden, die eine bestmögliche Ausnutzung der Produktionsfaktoren ermöglichen (Allokationsfunktion), drittens technische Fortschritte fördern und realisieren und damit kostengünstigere Produktionsmethoden ermöglichen sowie neue oder verbesserte Produkte hervorbringen (Innovationsfunktion) und viertens mit laufenden flexiblen Anpassungen ihrer Produktionsprogramme, -verfahren und -kapazitäten auf sich in einer wachsenden Wirtschaft ständig ändernde Daten schnell reagieren (Anpassungsfunktion). Auf den Faktormärkten (z. B. Arbeitsmarkt) soll Wettbewerb eine leistungsgerechte Einkommensverteilung gewährleisten (Verteilungsfunktion).
 
 Wettbewerbsprozess und Wettbewerbsvoraussetzungen
 
Marktwirtschaftlicher Wettbewerb vollzieht sich als ein Prozess, der durch das Handeln jener Unternehmer in Gang gesetzt wird, die ihre Marktposition verbessern wollen. Der gewünschte Wettbewerbsvorteil wird erreicht, indem z. B. der Preis gesenkt, Qualität und Service verbessert oder die Werbung verstärkt wird. Unternehmen, deren Innovationen zu erheblichen Kostenersparnissen führen (Prozessinnovationen) oder neue Produkte hervorbringen, die dem bisherigen Angebot überlegen sind (Produktinnovationen), werden nach dem österreichischen Ökonomen Joseph A. Schumpeter (1883 - 1950) als »Pionierunternehmer« bezeichnet. Schumpeter beschreibt Wettbewerb auch als »Prozess der schöpferischen Zerstörung«: Die Reaktion der Konkurrenzunternehmen auf den Wettbewerbsvorstoß des aktiven Unternehmens hängt davon ab, wie stark die Absatzeinbußen sind, die sie erleiden. Sind diese groß genug, so werden sie versuchen, den Unternehmer nachzuahmen, um nicht aus dem Markt gedrängt zu werden bzw. um am Erfolg des innovativen Unternehmens teilzuhaben (Imitationsphase). Im theoretischen Modell endet die Imitationsphase damit, dass die Konkurrenten den Vorsprung des Herausforderers aufholen. Dieser hat also nur eine zeitlich befristete Monopolstellung, in der er Vorsprungsgewinne erzielen kann. Der Wettbewerbsprozess resultiert in einer besseren Marktversorgung, indem nun alle Unternehmen die verbesserte Leistung anbieten. Rückständige Verfahren, Produkte, Absatzmethoden, Finanzierungsmethoden und Marketingkonzepte werden durch Innovationen infrage gestellt. Letztlich entscheidet jedoch der Konsument, ob er die Innovation akzeptiert und ihr damit Erfolg beschieden ist. Diese Eigenschaft des Wettbewerbs wird als Konsumentensouveränität oder Konsumfreiheit bezeichnet. Im positiven Fall wird sich die Innovation durchsetzen und durch den Ablauf des Wettbewerbsgeschehens die bisherige Marktstruktur verändern. Zu den nötigen Voraussetzungen für einen funktionierenden Wettbewerb gehört eine Rechtsordnung, die den Privaten Verfügungsrechte über Güter und Dienste zuerkennt und die Möglichkeit eröffnet, unternehmerisch tätig zu werden (Gewerbefreiheit), die freie Wahl des Tauschpartners zulässt (Vertragsfreiheit), ein funktionierendes Währungssystem gewährleistet und den Wettbewerb vor Beschränkungen durch rechtliche Rahmenbedingungen (Wettbewerbsregeln) schützt, an die sich die Marktteilnehmer auch halten (Wettbewerbsgesinnung).

Universal-Lexikon. 2012.

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